Was bedeutet das BFSG für meine Website?
Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (kurz: BFSG) wird die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, kurz: EAA) umgesetzt. Ziel des BFSG ist es, allen Menschen die Teilhabe am Wirtschaftsleben zu ermöglichen. Dies schließt Menschen mit Behinderung, aber auch ältere Personen und Menschen mit wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien ein. Gefordert ist in erster Linie digitale Barrierefreiheit.
Das Gesetz betrifft verschiedene Bereiche, in diesem Beitrag konzentrieren wir uns aber ausschließlich auf Websites und Online-Shops.
Wann tritt das Gesetz in Kraft?
Stichtag ist der 28. Juni 2025.
Gibt es eine Übergangsfrist?
Für betroffene Websites und Online-Shops gibt es keine Übergangsfristen, sie müssen ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei gestaltet sein. Dienstleistungen, die nur mithilfe von Produkten, die in den Anwendungsbereich des BFSG fallen, erbracht werden können, dürfen bis 27. Juni 2030 weiterhin mit diesen Produkten erbracht werden.
Für wen und welche Websites gilt das BFSG?
Das BFSG regelt die Barrierefreiheit von Websites bestimmter Branchen und generell Websites „im elektronischen Geschäftsverkehr“. Ausdrücklich erwähnt sind die Websites von Banken, Online- Banking, Bankdienstleistungen, Personenbeförderungsdiensten im Luft-, Bus-, Schienen- und Schiffsverkehr (ausgenommen ist hier nur der Regionalverkehr) und Telekommunikationsdiensten.
„Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ erfüllen Online-Shops und E-Commerce (auch wenn die verkauften Produkte selbst nicht in den Anwendungsbereich des BFSG fallen) und Websites, die einen Vertragsschluss online anbieten, also Online-Buchungen wie etwa Hotel- und Reisebuchungen, Gutscheinbestellungen oder verbindliche Terminbuchungen.
Jede betroffene Website muss barrierefrei im Sinne der WCAG 2.1 Level AA-Richtlinien sein, um für Menschen mit Beeinträchtigungen zugänglich und nutzbar zu sein. Die wichtigsten Punkte, die erfüllt sein müssen:
Textalternativen: Bereitstellung von Textalternativen für alle Nicht-Text-Inhalte, wie Bilder, Videos, Audio-Dateien und interaktive Elemente, die von Screenreadern gelesen werden können.
Kontrast und Lesbarkeit: Der Websiteinhalt muss so gestaltet sein, dass beispielsweise Schriftgröße, Farbkontrast und Inhalte angepasst werden können.
Untertitel und Audiodeskriptionen: Eingebundene Videos müssen mit Untertiteln für hörgeschädigte und gegebenenfalls mit Audiodeskriptionen für seheingeschränkte Nutzer versehen sein.
Tastaturnavigation: Alle Funktionen der Webseite müssen mit der Tastatur bedienbar sein. Dies bedeutet, dass Nutzer, die keine Maus verwenden können, die Webseite trotzdem vollständig navigieren und benutzen können müssen.
Zeitgesteuerte Inhalte: Inhalte, die sich automatisch aktualisieren oder nach einer bestimmten Zeit verschwinden, müssen vom Nutzer kontrolliert werden können, um Menschen mit kognitiven Behinderungen oder Sehbehinderungen nicht zu verwirren.
Navigationshilfen: Die Navigation sollte klar strukturiert und konsistent sein. Dabei können Navigationshilfen wie Breadcrumbs und eine Sitemap bereitgestellt werden, die den Nutzern das Auffinden von Informationen erleichtern.
Lesbarkeit: Texte sollen in einfacher und verständlicher Sprache geschrieben sein.
Vorhersehbare Funktionalität: Die Bedienung der Website muss vorhersehbar sein, weshalb es keine überraschenden Änderungen der Seitenelemente geben soll.
Eingabehilfen: Unterstützung durch Eingabehilfen wie Autovervollständigung und klare Fehlermeldungen bei Formularen.
Kompatibilität: Die Website muss so gestaltet sein, dass sie mit unterschiedlichen Browsern, Betriebssystemen und assistiven Technologien (wie Eingabehilfen und Screenreadern) kompatibel ist.
Fehlerbehandlung: Die Website muss robust genug sein, um bei Fehlern oder inkompatiblen Technologien korrekt zu funktionieren.
HTML und ARIA: Verwendung semantisch korrekter HTML-Tags und ARIA (Accessible Rich Internet Applications)-Attribute, um die Struktur und Beziehungen von Inhalten klar zu definieren, sodass sie für Assistenz-Technologien verständlich sind.
Regelmäßige Überprüfungen: Webseiten sollen regelmäßig auf Barrierefreiheit überprüft werden, sowohl durch automatisierte Tests als auch durch manuelle Prüfungen mit Nutzern, die Behinderungen haben.
Dokumentation und Transparenz: Websitebetreiber sollen ihre Bemühungen und Strategien zur Barrierefreiheit dokumentieren und zum Beispiel durch eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf ihrer Webseite transparent machen.
Die Einhaltung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes wird von den Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer kontrolliert. Betroffene Verbraucher können sich zudem selbst an die Marktüberwachungsbehörde wenden, wenn sie einen Verstoß gegen die Vorschriften des BFSG geltend machen wollen. Auch nach Behindertengleichstellungsgesetz anerkannten Verbänden und Einrichtungen steht dieses Recht eigenständig auch zu. Schließlich können auch Mitbewerber im Wege der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gegen Verstöße vorgehen. In diesem Falle droht Unterlassung und Schadensersatz.
Werden die Erfordernisse der Barrierefreiheit nicht erfüllt, kann die Marktüberwachungsbehörde anordnen, das betroffene Produkt oder die Dienstleitung zurückzurufen bzw. einzustellen. Darüber hinaus drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.
Die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen basieren auf dem Stand von August 2024 und dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar. Auch wenn die Informationen mit großer Sorgfalt zusammengestellt wurden, übernehmen keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit oder Aktualität der bereitgestellten Inhalte. Für alle juristischen Fragen sollten Leser einen im jeweiligen Fachgebiet ausgewiesenen Rechtsbeistand hinzuziehen.